Hinweise für Studenten mit Interesse an Abschlussarbeiten und Prüfungen

Diese Seite beschreibt, wie ich mir die Zusammenarbeit mit Studenten vorstelle, die Bachelor-, Master-, oder Magisterarbeiten unter meiner Anleitung schreiben bzw. sich von mir prüfen lassen möchten. Bitte lesen Sie sie gut durch!

Zu Anmeldung springen
Zu Abschlussarbeiten springen
Zu Prüfungen springen

Anmeldung

Prüfungen und Abschlussarbeiten sind ernsthafte Vorgänge, die nur in Angriff genommen werden sollten, wenn Prüfer und Prüfling sich über die Modalitäten der Prüfung bzw. Abschlussarbeit einig werden. Aus diesem Grund unterschreibe ich Formulare erst nach der Erstellung eines Exposés (s.u.) bzw. der Festlegung der Prüfungsthemen (s.u.). Da dies in der Regel einige Zeit in Anspruch nimmt, nehme ich ab zwei Wochen vor den Prüfungs-Ausschlussfristen keine Kandidaten mehr an.

Abschlussarbeiten

Wenn Sie mich als Betreuer für eine Abschlussarbeit möchten, hilft es, wenn Sie sich ein Thema vorstellen könnten, das sich mit meinen Forschungsinteressen deckt. Diese finden Sie auf meinen Webseiten. Es kann eine gute Idee ein, ein paar meiner aktuellen Papiere zu lesen. Betrachten Sie auch die Seite mit aktuellen Vorschlägen für Abschlussarbeiten.

Rechte und Pflichten

  • Mein Ziel ist es, dass Sie eine interessante Abschlussarbeit schreiben, die einen definierten wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn liefert und die den methodischen Anforderungen entspricht.
  • Sie können von mir regelmäßig Rat sowohl auf der konzeptuellen Ebene (welche Fragen sind als Thema interessant und realistisch?) als auch auf der technischen Ebene (wie gehe ich eine Frage an?) erwarten.
  • Sie können von mir ebenfalls erwarten, dass ich Ihrer Arbeit so viel Sorgfalt schenken werde wie meiner eigenen Forschung.
  • Das bedeutet für mich eine substantielle Zeitinvestition. Ich erwarte deshalb von Ihnen im Gegenzug konzentrierte, eigenverantwortliche, und selbst organisierte Arbeit. Sie sollen mit Ihrer Abschlussarbeit die Fähigkeit zum eigenständigen computerlinguistischen Arbeiten demonstrieren.
  • Grundlage unserer Zusammenarbeit ist immer ein kurzes Dokument (siehe unten).

Themenfindung

  • Wenn Sie über eine Abschlussarbeit nachdenken, beginnen Sie am besten damit, sich zu überlegen, was für ein Thema Sie sich vorstellen können.
  • Jedes Thema hat zwei Aspekte: eine inhaltliche (worum geht es?) und eine method(olog)ische (wie untersuche ich?). Inhaltliche Kategorien sind z.B.
    • syntaktische Phänomene
    • semantische Phänomene
    • Eigenschaften von Korpora
    • Menschliche Sprachverarbeitung
    • NLP-Aufgaben wie Tagging, Parsing, ...
    Methodische Kategorien sind unter anderem:
    • Linguistische Theoriebildung
    • Entwicklung/Erweiterung maschineller Lernverfahren
    • Experimentelle Arbeit (psycholinguistische Methoden)
    • Korpusbasierte Analyse und statistische Auswertung
    • Korpusbasierte Modellierung
  • Ihre erste Überlegung sollte sein: Was interessiert mich, aber wo bin ich auch qualifiziert? Was inhaltliche Kategorien angeht, ist es schwer, sich innerhalb einer kurzen Zeit in eine Literatur einzulesen, die man vorher überhaupt nicht kennt. Was Methoden angeht, so müssen Sie sich mit der entsprechenden Methode nicht nur sicher fühlen, sondern sie so gut beherrschen, dass Sie sie als Mittel ansehen, um zu interessanten wissenschaftlichen Fragestellungen vorzustoßen.
  • Ihre zweite Überlegung sollte der Kompatibilität zwischen der inhaltlichen und der methodischen Seite gelten: manche Methoden gehen, zumindest im Rahmen einer Abschlussarbeit nicht gut mit manchen Inhalten zusammen (z.B. Linguistische Theoriebildung für Korpuseigenschaften). Warum glauben Sie, dass die von Ihnen vorgeschlagene Methode auf das von Ihnen vorgeschlagene Phänomen anwendbar ist? (Diese Frage werde ich Ihnen garantiert stellen.)
  • Oft hilft es, einen konkreten Eindruck von möglichen Forschungsvorhaben zu bekommen, wenn Sie aktuelle Literatur zu einem generellen Thema lesen, das sie interessiert. Denken Sie darüber nach, welche offensichtlichen oder weniger offensichtlichen Probleme die in den Papieren berichtete Forschung hat. Können Sie hier im Rahmen der Ihnen zur Verfügung stehenden Zeit eine Lösung vorschlagen und ausprobieren? Ein guter Ausgangspunkt hierfür ist oft die ACL anthology.
    • Wenn Ihre Muttersprache nicht Deutsch oder Englisch ist, ist eine vergleichende Analyse entweder von bestimmten Phänomenen oder von bestimmten Verarbeitungsverfahren oft ein lohnendes Thema.
  • Dies ist vermutlich der wichtigste Punkt auf dieser Seite: Überlegen Sie sich, was der eigenständige Beitrag Ihrer Arbeit ist: Was wissen wir hinterher, das wir vorher nicht wussten? Ohne die Klärung dieses zentralen Punktes können Sie keine gute Arbeit schreiben.
    • Idealerweise (wenn auch nicht immer) lässt sich Ihr Vorhaben in Form einer Hypothese formulieren, die im Laufe der Arbeit falsifiziert oder gestützt word.
    • Beiträge können (s. oben) primär inhaltlich sein (z.B. Beschreibung eines Phänomens), primär methodisch (z.B. Entwicklung/Erweiterung eines Verarbeitungsmechanismus), oder beides gemeinsam.
  • Unterschätzen Sie die Themenfindung nicht: Die Identifikation eines geeigeneten Themas (interessant, praktikabel, vom richtigen Umfang) ist fast schon die halbe Arbeit.

Das erste Treffen

  • Wenn Sie mit mir über Themen sprechen möchten, tragen Sie sich bitte für eine meiner Sprechstunden ein. Schreiben Sie mir außerdem eine Mail, in der Sie kurz über den Stand Ihrer Themenfindung berichten. Das gibt mir die Möglichkeit, über weitere mögliche Themen und relevante Literatur nachzudenken.
  • Themenfindung ist typischerweise ein inkrementeller Prozess, der sich über mehrere Sitzungen erstreckt. Das ist normal.
  • Am Ende der Themenfindung steht ein kurzes Exposé (ca. 1 Seite), in dem der Umfang der Abschlussarbeit umrissen wird. Es enthält folgende PUnkte: (a), Problembeschreibung; (b), Skizze der Methode; (c), Arbeitsplan mit vorläufigem Zeitplan; (d), Zusammenfassung der Hypothese bzw. der wissenschaftlicher Erkenntnis in nicht mehr als zwei Sätzen; (e), Liste von relevanter Literatur.
  • Abweichungen von diesem Plan können sich immer ergeben - es handelt sich immerhin um Forschung. Aber diese Abweichungen müssen sachlich begründet sein.

Vorbereitung für Treffen

  • Ich möchte mich regelmäßig mit Ihnen treffen: am Anfang einer Arbeit möglichst jede Woche, danach nach Bedarf, aber mindestens alle drei bis vier Wochen. Ich erwarte von Ihnen, dass Sie sich rechtzeitig um Termine in meiner Sprechstunde kümmern. Zusatztermine vergebe ich nach Bedarf.
  • Diese Treffen können leider nicht beliebig lange dauern, da meine Zeit begrenzt ist. Beide Seiten profitieren daher am besten von Treffen, die knapp und fokussiert sind.
  • Ich erwarte daher, dass Sie gut vorbereitet zu Treffen kommen. Eine Agenda mit zu besprechenden Fragen hat sich dafür bewährt. Idealerweise erhalte ich die Agenda einen Tag im Voraus und kann mich schon (im Rahmen des Möglichen) auf das Treffen vorbereiten.
  • Punkt 1 auf der Agenda sollte immer sein: kurze Zusammenfassung der Arbeit seit dem letzten Treffen.
  • Der wichtigste Punkt: Kommunizieren Sie mit mir! Teilen Sie mir mit, wenn etwas funkioniert hat, und teilen Sie mir mit, wenn etwas nicht funktioniert hat. Ich kann Sie nur unterstützen, wenn ich weiss, wie ihr aktueller Stand ist.

Die Abschlussarbeit

  • Ich werde oft nach Seitenzahlen gefragt. Diese Frage finde ich schwierig zu beantworten, weil verschiedene inhaltliche und methodische Ausrichtungen zu Arbeiten mit verschiedenen Längen führen, von Formatierungsvariationen ganz abgesehen. Ich kann nur obere und untere Schranken nennen. Ich würde für die "Standardteile" Einführung, Motivation, Diskussion relevanter Literatur, Schlussfolgerungen und Literaturverzeichnis mindestens 15 Seiten rechnen (bei Magister/Masterarbeiten eher 20). Dazu kommt noch der eigentliche Hauptteil. Entsprechend halte ich es für unwahrscheinlich, dass eine gute Bachelorarbeit mit weniger als 30 Seiten auskommt (bei Magister/Masterarbeiten 40). Auf der anderen Seite gibt es aus meiner Seite keinen guten Grund, in einer Bachelorarbeit mehr als 60 (oder in einer Master/Magisterarbeit mehr als 80-100) Seiten zu schreiben, es sei denn, das wäre durch besondere inhaltliche Faktoren bedingt.
  • Viel wichtiger finde ich die inhaltlichen Kriterien: Ihre Abschlussarbeit soll die Anforderungen an eine wissenschaftliche Publikation erfüllen. Dazu gehört insbesondere:
    • Klarheit. Benennen Sie deutlich: Was ist Ihre Hypothese? Was ist ihr Beitrag?
    • Akademische Redlichkeit. Markieren Sie alle Ideen, Materialien, Grafiken, Zitate, die Sie aus anderen Arbeiten übernommen haben, sonst handelt es sich um Plagiat! (Das ist hoffentlich selbstverständlich.)
    • Formal Sauberkeit. Egal, ob Sie auf Englisch oder Deutsch schreiben: Schreiben Sie grammatisch, korrigieren Sie Rechtschreibfehler, stellen Sie sicher, dass Querverweise und Literaturangaben existieren und stimmig sind.
    • Sorgfalt. Argumentieren Sie klar. Wenn Sie Kausalzusammehänge herstellen, belegen Sie diese (oder kennzeichnen Sie sie als Vermutungen!). Stellen Sie sicher, dass Sie die Literatur umfassend gelesen haben.
    • Reproduzierbarkeit. Ein wichtiger und oft vernachlässigter Punkt: Ihre Darstellung sollte idealerweise so detailliert sein, dass ein interessierter Leser in der Lage ist, ihre Experimente nachzuvollziehen und zu demselben Ergebnis zu kommen.
  • Es gibt noch mehr Faktoren, die einen guten wissenschaftlichen Text ausmachen. Für Hinweise (z.B. was die Strukturierung eines Aufschriebs angeht), siehe auch meinen Aufschrieb zum wissenschaftlichen Schreiben auf http://www.cl.uni-heidelberg.de/courses/ws10/parallel/schreiben.pdf.
  • Ich kommentiere gerne Ihre Manuskripte, sofern meine Zeit es zulässt. Allerdings schaffe ich es höchstens, eine Version zu kommentieren. Überlegen Sie sich daher, welche Version Sie kommentiert haben möchten. Kontaktieren Sie mich möglichst weit im Voraus, damit ich Zeit dafür einplanen kann.
  • Zum Thema Referenzen und Wikipedia -- straight out of the horse's mouth: What does Jimmy Wales think when a university professor states not to cite Wikipedia as a source?

Probleme

  • Manchmal funktioniert ein Projekt nicht wie geplant. Es ist die Aufgabe beider Seiten, dies möglichst frühzeitig nicht nur zu erkennen, sondern auch zur Sprache zu bringen.
  • Die meisten Menschen haben die Tendenz, Probleme so lange wie möglich zu ignorieren - was in Betreuungssituationen oft heißt, dass Treffen nur noch in langen Abständen stattfinden. Das ist genau die falsche Strategie: Bei Problemen sollte die Frequenz der Treffen steigen und nicht fallen. Konkret: Wenn Sie das Gefühl haben, mit einem Thema nicht zurechtzukommen, sprechen Sie mich so früh wie möglich darauf an.

Gutachten

  • Es gibt einen Unterschied zwischen Betreuer(n) und Gutachter(n). Betreuer können im Prinzip beliebige Personen sein (z.B. wenn Sie Ihre Abschlussarbeit bei einen Firma schreiben). Sie brauchen aber auch zwei Gutachter, die beide habilitiert sein müssen, davon mindestens ein Professor des ICL. Wenn Sie diesen Text lesen, werde ich vermutlich der Erstgutachter sein. Kümmern Sie sich möglichst frühzeitig darum, einen Zweitgutachter zu finden.

Literaturhinweise

  • "The Craft of Research" von Booth, Colomb und Williams (Chicago University Press). Ein sehr gutes Buch, das Anleitung zum wissenschaftlichen Arbeiten liefert. Auf amazon.de für gut investierte 11.90 Euro zu haben.

Prüfungen

Themen und Literatur

Wenn Sie sich von mir prüfen lassen möchten, erwarte ich von Ihnen, dass Sie frühzeitig wegen der Themenfindung zu mir kommen. Ich muss mich auf eine Prüfung genau wie Sie vorbereiten. Ich unterschreibe Prüfungsformulare erst, wenn die Prüfungsthemen weitestgehend festgelegt sind.

Ich möchte, dass für jedes Thema Literatur festgelegt wird, damit ich in der relativ kurzen Prüfungszeit auch substantielle Fragen stellen kann. Ich vergebe gerne zwei Arten von Literatur für Prüfungen: entweder Kapitel aus Fachbüchern oder einschlägige Zeitschriftenartikel. Überlegen Sie sich, was Sie bevorzugen -- die beiden Optionen ziehen in der Regel unterschiedliche Fragen in der Prüfung nach sich. Lehrbuchliteratur führt zu Fragen, die den Überblick über Grundlagen und Anwendungen des Themas abprüfen. Forschungsliteratur lädt eher zu Betrachtungen des wissenschaftlichen Beitrags und der Einordnung in die Forschungslandschaft ein.

Mündliche Magisterprüfungen (Hauptfach)

Laut der Prüfungsordnung dauert die Prüfung 60 Minuten und muss in jedem der drei Hauptgebiete des Faches (Linguistik, Algorithmische Linguistik, Informatik) zwei Themen abdecken. Das heisst, für jedes Thema ist etwa 10 Minuten Zeit (!). Ein paar Gedanken zur Abgrenzung dieser drei Bereiche. Alle genannten Themen sind Beispiele und Ihre eigenen Ideen sind willkommen.

  • (Grundlagen) der Linguistik: Hierunter fallen Themen aus der "klassischen" Linguistik, sowohl Überblick als auch Theorien mit geringem Anteil bzw. Fokus auf Verarbeitung. Beispiele sind Syntax -- Grammatikformalismen; Lexikalische Semantik -- semantische Rollen, semantische Relationen; Satzsemantik -- Semantikkonstruktion, Kompositionalität; Diskurssemantik -- DRT; Morphologie; Pragmatik -- Sprechakte, Präsuppositionen; Phonetik/Phonologie; Psycholinguistik; etc.
  • Algorithmische Linguistik umfasst Verarbeitungsaspekte in der "klassischen" Computerlinguistik genauso wie NLP. Hier lege ich Wert darauf, dass der Zusammenhang zur Linguistik (oder zumindest die Anwendung von Algorithmen auf Sprachdaten) thematisiert wird. Beispiele sind Parsing (symbolisch oder statistisch); morphologische Analyse / POS-Tagging; distributionelle Methoden für lexikalische Akquisition; sprachübergreifende Verarbeitungsmethoden; Named Entity Recognition; Information Retrieval; Information Extraction; Relation Extraction; WSD; Ontologieextraktion; maschinelle Übersetzung.
  • Informatik umfasst alle formalen Werkzeuge, die wir in der Computerlinguistik verwenden, die aber noch nicht unbedingt einen direkten Bezug zu Sprachdaten aufweisen. Dieses Gebiet umfasst Logikformalismen (Aussagenlogik, Prädikatenlogik, Modallogik, Lambda-Kalkül), Repräsentationsformalismen (RDF etc.), Schlusssysteme, Automatentheorie, Theorie formaler Sprachen, Suchalgorithmen, Sortieralgorithmen, Graphentheorie, Komplexitätstheorie, Informationstheorie, statistische Verfahren (Optimierungsverfahren, Hypothesentests, Klassifikationsverfahren).

Mündliche Bachelorprüfungen (BA 2010)

Die Prüfung besteht laut Prüfungsordnung aus einem Kolloquium zur Bachelorarbeit und Fragen zu "einem verwandten" Thema. Bitte schlagen Sie ein Thema und Literatur vor, analog zum Vorgehen bei Magisterprüfungen (s.o.). Das Thema kann hier etwas ausführlicher sein, da die Dauer dieses Teils der Prüfung ca. 15 Minuten ist.

Empfohlene Fachbücher

  • Cormen et al: Introduction to Algorithms
  • Falk: Lexical-Functional Grammar
  • Jurafsky/Martin: Speech and Language Processing
  • Levinson: Pragmatics
  • Manning/Schütze: Introduction to Statistical Natural Language Processing
  • Manning/Raghavan/Schütze: Introduction to Information Retrieval
  • Russell/Norvig: Artificial Intelligence - A Modern Approach
  • Gamut: Logic, Language and Meaning